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Richtig gendern: geschlechtergerechte Sprache, Teil 2

Personen, die miteinander sprechen

Im ersten Teil dieses Blogbeitrags wurden die sprachlichen Anforderungen an geschlechtergerechte Sprache beleuchtet. Darauf aufbauend wurde erläutert, welche Varianten sich nicht eignen – und warum sie sich nicht eignen. Im zweiten Teil gebe ich Ihnen nun die passenden Werkzeuge zur Hand, damit Ihre Texte sowohl geschlechtergerecht als auch korrekt daherkommen.

Gleich vorweg: Was geschlechtergerechte Sprache anbelangt, so gibt es die perfekte Variante nicht. Ihre persönliche Einstellung spielt eine zentrale Rolle. Auch der Textinhalt kann einen Einfluss haben; manchmal bietet es sich an, auf eine andere Variante als die bevorzugte auszuweichen. So oder so: Alle nachfolgenden Varianten werden von den gängigen Regelwerken akzeptiert.

Die Doppelnennung

Leserinnen und Leser, Kolleginnen und Kollegen – die Doppelnennung, also die vollständige Nennung des männlichen und des weiblichen Substantivs, ist wohl die am häufigsten anzutreffende Variante. Und das aus gutem Grund: Diese Variante ist klar, sie ist leicht verständlich, und sie nennt beide biologischen Geschlechter in gleichem Masse. Jedoch ringt sie mit einer Häufung von Personenbezeichnungen. Wenn in einem Text also beispielsweise häufig von Korrektorinnen und Korrektoren, Lektorinnen und Lektoren sowie einer guten Journalistin und einem guten Journalisten die Rede ist, dann lohnt es sich vielleicht, auf eine andere Variante zu setzen.

Die Schrägstrich-Divis-Variante

Diese Variante bietet sich als kürzere Alternative zur Doppelnennung an – insbesondere, wenn ein Text viele Personenbezeichnungen enthält. Am obigen Beispiel illustriert: Korrektoren/-innen, Lektoren/-innen und ein/-e gute/-r Journalist/-in. Dieses Beispiel zeigt auch gleich die Grenze der geschlechtergerechten Sprache auf: In Extremfällen wird die Formulierung entweder sehr lang oder schwer(er) verständlich. Daher ist es manchmal am besten, den Text klug umzuformulieren.

Die Klammervariante

Genau wie die Schrägstrich-Divis-Variante erlaubt die Klammervariante die Wiedergabe aller Deklinationsendungen. Wichtig zu wissen: Kann die weibliche Form nicht direkt der männlichen Form angeschlossen werden, dann ist ein Wortzwischenraum zu setzen. Also: ein(e) gute(r) Korrespondent(in) (Die Endung in kann direkt an Korrespondent angehängt werden), aber: eine(n) gute(n) Korrespondenten (-in) (Die weibliche Endung in kann in diesem Fall nicht direkt mit der gebeugten männlichen Form (Korrespondenten) verknüpft werden, sondern nur mit dem Kern Korrespondent). Vor der Klammer steht deshalb ein Wortzwischenraum und vor in ein Divis bzw. ein Trennstrich.

Hier zeigt sich der Nachteil dieser Variante, wenn sie mit der Schrägstrich-Divis-Variante verglichen wird: Die Klammervariante ist anspruchsvoller. Ein weiterer Nachteil ist, dass Klammern oft Weglassbares signalisieren. So soll die Endung der weiblichen Personenbezeichnungen natürlich nicht interpretiert werden.

Abwechselnde Verwendung der generischen Formen

Selten werden die generischen Formen (generisches Maskulinum und generisches Femininum) alternierend verwendet. Wenn also dann von Lektorinnen und Korrektoren die Rede ist, dann sind auch Lektoren und Korrektorinnen mitgemeint. Von der Verwendung dieser Form rate ich ab, da in gewissen Situationen nicht sofort klar ist, ob ausschliesslich Personen eines Geschlechts gemeint sind. Dies ist speziell der Fall, wenn es um kleine Gruppen, beispielsweise Teams in Unternehmen, geht.

Sprachlich teilweise umstritten: nominalisierte Adjektive und Partizipien

In einigen Fällen können Schwierigkeiten im Hinblick auf geschlechtergerechte Sprache auch umgangen statt gelöst werden. Getan wird dies unter anderem mit nominalisierten Adjektiven und Partizipien; sie sind im Plural geschlechtsneutral.

Einige Beispiele:

Nominalisierte Adjektive: die Blinden, die Einheimischen, die Kriminellen

Nominalisierte Partizipien: die Studierenden, die Mitarbeitenden, die Reisenden

Aber Vorsicht: Die Vermeidung von Paarformen kann ins Absurde driften. Dies ist dann der Fall, wenn nicht oder kaum geläufige Nominalisierungen verwendet werden. Solche Nominalisierungen sind teilweise auch nicht korrekt, wenn man es genau nimmt; der Grund ist, dass das Partizip I Gleichzeitigkeit signalisiert. Streng genommen ist beispielsweise eine glückliche Weintrinkende eine Frau, die während des Weintrinkens glücklich ist. Eine glückliche Weintrinkerin hingegen ist eine Frau, die Wein trinkt und glücklich ist – auch wenn sie gerade nicht Wein trinkt.

Das Thema ist kontrovers, bis zu einem bestimmten Grad auch in Fachkreisen. So viel kann aber gesagt werden: Etablierte nominalisierte Partizipien können problemlos verwendet werden. Beispiele dafür: Anwesende und Vorsitzende (Partizip I), Gefangene und Angestellte (Partizip II). Lassen Sie aber Vorsicht walten bei Wörtern, die während der letzten Jahre im Zuge der politischen Korrektheit aufgekommen sind (Wählende, Bewohnende etwa) oder sehr gesucht wirken (beispielsweise Spielende, Kochende).

Zusammenfassung geschlechtergerechte Sprache

Wie schon in Teil 1 erwähnt: Was geschlechtergerechte Sprache anbelangt, so gibt es «die Variante für alle Fälle» nicht. Wenn Sie sprachlich korrekt unterwegs sein wollen – und Männer wie auch Frauen berücksichtigen möchten –, so sind Sie mit der Doppelnennung (Leserinnen und Leser) in den meisten Fällen tipptopp bedient. Kommen in einem Text viele Personenbezeichnungen vor, dann ist die Schrägstrich-Divis-Variante meist eine gute Wahl: Sie ist kürzer als die Doppelnennung, aber inhaltlich nach wie vor klar.

Nutzen Sie darüber hinaus neutrale Formen, wo sie sinnvoll sind (Fachleute oder Fachpersonen statt Fachmänner und Fachfrauen). Verwenden Sie unübliche nominalisierte Partizipien zurückhaltend, falls überhaupt.

Was die geschlechtergerechte Sprache anbelangt, so können Sie letzten Endes machen, was Sie wollen. Wenn Sie jedoch gute Texte schreiben möchten, dann gilt es, bestimmte Grundsätze einzuhalten. Gut geschriebene Texte halten generell die sprachlichen Konventionen ein; sie sind inhaltlich klar und leicht verständlich. Welche Variante im Hinblick auf die geschlechtergerechte Sprache gewählt wird, hat darauf einen wesentlichen Einfluss.